schliessen

Das Zahlenbuch: „Ah, jetzt hab ich es verstanden!“

Zahlenbuch_Simon_Cover

Das Zahlenbuch ist bekannt als der Klassiker für einen kompetenzorientierten Unterricht. In diesem Interview spricht Frau Eller über die Besonderheiten am Unterricht mit dem Zahlenbuch und erzählt, was den Schülerinnen und Schülern dabei am besten gefällt.

Frau Eller stellen Sie sich bitte kurz vor und erzählen Sie uns, wie Sie zur Beratungs- und Autorinnenntätigkeit für das Zahlenbuch gekommen sind.

Mein Name ist Sabine Eller und ich bin Volksschullehrerin in Neder, einem kleinen Ort im Stubaital. Ich wagte einen Quereinstieg ins Zahlenbuch in der dritten Klasse und wurde dabei sowohl vom öbv, als auch von einer Betreuerin des Zahlenbuches  unterstützt. Als mich meine Betreuerin einmal im Unterricht besuchte, plauderten wir in meiner Freistunde ein wenig darüber, wie es mir mit dem Buch ginge und warum ich es ausgewählt hatte. Scheinbar schwärmte ich in so hohen Tönen davon, dass ich dafür ausgewählt wurde, das Buch in Vorarlberg und Tirol einzuführen.

Ein bis zwei Jahre später wurde ich vom öbv darum gebeten, beim Symposium mathe 2000 einen Workshop zu halten. Dort lernte ich die beiden Zahlenbuch-Autoren Prof. Erich Wittmann und Prof. Gerhard Müller kennen. Prof. Wittmann eröffnete mir damals, dass er meinen Workshop besuchen wollte. Ich war furchtbar nervös, schließlich wusste niemand besser über die Methodik Bescheid, als der Autor selbst. Nach dem Workshop kam er zu mir und meinte: „Dieser Workshop war nicht gut“, er machte eine lange Kunstpause, „er war hervorragend!“.

Danach ging es Schlag auf Schlag. Ich wurde vom öbv gefragt, ob ich bei der Neuauflage des Zahlenbuches als Beraterin mitarbeiten wollte. Kurz darauf wurde ich gemeinsam mit Franz Korn als Autorin für die Zahlenbuch Sommertrainings engagiert. Inzwischen sind drei Hefte fertig und am vierten arbeiten wir diesen Sommer.

Seit wann unterrichten Sie mit dem Zahlenbuch und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?

Mein Berufsleben als Lehrerin lässt sich grob in zwei Hälften teilen. In den ersten Jahren meiner Lehrtätigkeit war ich hauptsächlich Sport-, Zeichen-, Musik- und Sachunterrichtslehrerin. Nach meiner Karenzzeit startete ich neu durch und war bald mit der für mich völlig neuen Aufgabe, eine Klasse zu übernehmen, konfrontiert. Fieberhaft machte ich mich auf die Suche nach einem für mich passenden Schulbuch. Eine Kollegin machte mich auf das Symposium mathe 2000 aufmerksam und zeigte mir eine Ausgabe des Zahlenbuches.

Kurze Zeit später reiste ich zum Symposium nach Wien und wurde just vom „Zahlenbuchvirus“ infiziert.

Ich war komplett begeistert und wusste, dass dieses Werk das einzig Richtige für mich war. Die Unterrichtseinheiten, die uns beim Symposium exemplarisch vorgeführt wurden, haben in mir eine komplette Wandlung vollzogen. Endlich, nach so vielen Jahren, wusste ich, warum ich so lang für das Kopfrechnen brauchte. Ich war keine „Zehnerstopp-Rechnerin“, wie es uns zu meiner Schulzeit immer und immer wieder antrainiert wurde. Die Kraft der Fünf war ab nun der Rechenweg, der für mich die Bahn zum Schnellrechnen ebnete. Inzwischen unterrichte ich den dritten Durchgang mit dem Zahlenbuch.

Welchen Vorteil sehen Sie im Unterricht mit dem Zahlenbuch?

Besonders angesprochen hat mich, dass das Zahlenbuch ganzheitlich arbeitet und sich den Wissensdurst der Erstklässler zunutze macht. Die Kinder können schon nach kurzer Zeit einen relativ großen Zahlenraum erforschen und werden nicht mit langen Mengenerfassungsübungen müde gemacht.

Den größten Vorteil sehe ich im Finden eigener Rechenwege.

Schülerinnen und Schüler werden nicht gezwungen, eine Rechenmethode zu übernehmen, so wie ich das damals als Schülerin erlebt habe. Sie bekommen durch Mathekonferenzen immer wieder die Möglichkeit, verschiedene Wege auszuprobieren und den besten für sich zu finden. Außerdem lernen die Kinder schon sehr früh, ihre Überlegungen und Strategien zu formulieren. Das Zahlenbuch ist so systematisch und perfekt aufgebaut, dass es tatsächlich möglich ist, Rechenschwächen auszumerzen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. Mir gefällt auch, dass man es so gut in der individuellen Förderung verwenden kann. Jedes Kind rechnet in seinem Tempo. So schaffen einige halt nur das Wesentliche und andere arbeiten weit darüber hinaus und üben an Rechnungen, die sich immer mehr in der Komplexität steigern. Sollte die Arbeit wirklich einmal ausgehen, gibt es immer noch viele Zusatzangebote, die über das einfache Rechnen hinausgehen. Das Spiegelbuch oder die Denkschule zum Beispiel, die das in den letzten Jahren so stark geforderte „vernetzte Denken“ auf eine positive und ansprechende Weise nicht nur fördern sondern grundlegen.

Das Zahlenbuch eignet sich sehr für den offenen Unterricht.

Viele Elemente des Lehrwerkes sind bei mir für die Kinder immer zugänglich und können laufend geübt werden. So zum Beispiel das Zahlendreieck, das in meiner Klasse groß am Boden mit Papierklebeband fixiert ist, oder die Zahlenmauerbausteine, die immer wieder neu zusammengebaut und verwendet werden können.

Was, glauben Sie, gefällt Schülerinnen und Schülern am besten am Zahlenbuch?

Meinen Schülerinnen und Schülern gefallen die Geometrieseiten, da sie auch für lernschwächere Kinder eine Abwechslung und eine „Denkinsel“ bieten. Kinder sind oft begeistert von Mustern und Formen und lieben den Umgang mit dem Lineal und dem Geodreieck. Was sie auch spannend finden und worauf sie schon wieder warten, ist die Seite auf der sie zeigen dürfen, was sie schon können. In der ersten  Klasse ist es der Palast im Arbeitsheft. Auch die Rätsel- und Knobelseiten, also Zahlenrätsel und -spielereien, Faltübungen und Spiegelaufgaben sind immer der Hit.

Besonders schön finde ich es, wenn sich Mathematik und Sachunterricht verbinden lassen. Das macht einen Projektunterricht möglich, der den Kindern lange Zeit in Erinnerung bleibt.

Die Seite zur Beobachtung des Pflanzenwachstums entwickelte sich in meinem Unterricht zum Beispiel zu einem riesigen Projekt. Wir haben Diagramme zum Wurzelwachstum einer Zwiebel und zur Entwicklung einer Bohne angefertigt und haben versucht, damit Formeln zum Wachstum zu entwickeln. Langweilig wird uns nie und viele Ideen kommen von den Schülern selbst. Solche Stunden sind kreativ und machen den Kindern auch klar, dass man Mathematik in vielen Bereichen des Lebens braucht.

Was haben Sie im Unterricht mit dem Zahlenbuch Besonderes erlebt?

Am schönsten war für mich, als ein Mädchen, das sich immer besonders schwer beim Rechnen getan hat, einmal mitten in die Stille des leisen Rechnens hineinrief: „Aaah, iatz hun i’s g’schnallt!“ (Frei übersetzt: „Ah, jetzt hab ich es verstanden!“) Damals mussten wir alle herzlich lachen und wir haben uns für sie gefreut. In meinem Unterricht durfte ich dieses superschöne „Aaahh, so gheat des!“ oft hören. Zu meinen Schülerinnen und Schülern sage ich immer, dass dieses „aaahh“ das schönste Geräusch überhaupt ist.

Tags : Zahlenbuch