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Zu Besuch in einer iPad-Klasse

iPad Klasse Feuerbachstraße
öbv

In der NMS Feuerbachstraße arbeiten Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler mit iPads im Unterricht. Die öbv-Redaktion durfte in einer Geographiestunde des Klassenvorstands Klaus-Jürgen Spätauf und seiner 2A zusehen. Im anschließenden Interview erklärt der NMS-Lehrer, wie sein Unterricht mit dem Tablet aussieht und wie seine Schülerinnen und Schüler davon profitieren.

In der Pause nutzen die Schülerinnen und Schüler der 2A NMS Feuerbachstraße den Klassenbeamer und das iPad, um via YouTube aktuelle Zumba-Videos an die Wand zu projizieren. Die Buben und Mädchen üben die Tanzschritte aus den Videos sie trainieren für einen Auftritt, der in wenigen Wochen stattfinden soll. Man kann sich kaum vorstellen, dass diese aufgeweckten Kinder in wenigen Minuten konzentriert arbeiten werden. Doch als die Pausenglocke läutet, begeben sich alle Schülerinnen und Schüler zu ihrem Platz und begrüßen ihren Klassenvorstand Klaus-Jürgen Spätauf.

Die ersten 1520 Minuten nutzt der Lehrer als Inputphase. Er hat auf seinem iPad eine Website mit dem Modell eines Supermarkts aufgerufen – die Übertragung via WLAN an den Beamer will anfangs jedoch nicht funktionieren. Umgehend bieten die Schülerinnen und Schüler Lösungsvorschläge an und innerhalb kürzester Zeit wird der Unterricht fortgesetzt. Ausgehend vom Supermarkt-Modell diskutiert die Klasse Maßnahmen und Tricks im Supermarkt, die zur Verkaufsförderung eingesetzt werden. Die Klasse ist aufgeweckt, viele bringen sich ein. Obwohl alle ein iPad mit Internetzugang vor sich auf dem Tisch liegen haben, surft, spielt oder chattet niemand. Alle folgen aufmerksam dem Unterricht.

Feuerbachstraße iPad Klasse
Arbeitsaufträge werden über das iPad abgerufen

Nach dieser ersten Phase werden Arbeitsaufträge an die Klasse verteilt. Via iPad rufen die Schülerinnen und Schüler diese ab gearbeitet wird sowohl mit dem Schulbuch, im Arbeitsheft als auch am iPad. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten selbstständig, dürfen sich aber gegenseitig helfen und diskutieren auch ihre Lösungsvorschläge. Im Laufe der Stunde trudeln ausgefüllte PDF-Arbeitsblätter im Postfach des Lehrers ein. Zwischendurch gibt Klaus-Jürgen Spätauf Hilfestellungen oder beantwortet Fragen. Am Ende der Stunde erklärt er noch die Hausübung jede Schülerin und jeder Schüler muss eine Keynote-Präsentation ihres bzw. seines Supermarkts erstellen. Im anschließenden Gespräch erzählt er uns, dass seine Schülerinnen und Schüler im Umgang mit den Programmen inzwischen so versiert sind, dass sie den Lehrkräften bei Unklarheiten weiterhelfen.

Klaus-Jürgen Spätauf im Interview

Was hat Sie dazu bewogen, das iPad im Unterricht zu nutzen. Hat die ganze Schule diese Initiative ergriffen oder war das Ihre persönliche Entscheidung?
Klaus-Jürgen Spätauf: Ich war mehr oder weniger der Initiator. Nachdem wir einen Informatik-Schwerpunkt haben, war das Ziel, so zeitgemäß zu unterrichten, wie das im 21. Jahrhundert möglich sein kann. Sprich nicht mehr an der Kreidetafel. Wir haben uns dann für iPads entschieden. Das war eine Entscheidung, die eine Auswahl an Kolleginnen und Kollegen, die sich damit auseinander gesetzt hat, getroffen hat.

Und ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen unterrichtet so?
Klaus-Jürgen Spätauf: Ja, wir haben 16 Klassen, 11 davon haben ein 1 zu 1-Setting. Das heißt jede Schülerin und jeder Schüler hat ein iPad. Es hat auch nahezu jede Lehrkraft ein iPad. Und nächstes Jahr werden 15 der 16 Klassen iPad-Klassen sein. Man kommt quasi nicht darum herum, mit dem Tablet zu unterrichten. Manche verwenden es mehr und manche etwas weniger.

Gab es Probleme oder Widerstände von Seiten der Eltern? Die iPads werden ja privat finanziert.
Klaus-Jürgen Spätauf: Gar nicht. Die Eltern sind durchaus bereit, dafür Geld in die Hand zu nehmen. Im Unterschied dazu, wenn wir für 200 Euro auf Sportwoche fahren, ist es immer ein Nachlaufen und Betteln. Aber das iPad kostet ca. 400 Euro und ich hab das Gefühl, dass die Eltern für einen 10 bis 14-Jährigen sowieso irgendwann ein Tablet kaufen. In dem Fall kaufen sie dann eines, das als Arbeitsmittel im Unterricht verwendet wird.

NMS Feuerbachstraße 2A iPad Klasse
Schulbuch und Arbeitsheft spielen immer noch eine zentrale Rolle im Unterricht.

Der Einsatz des iPads im Unterricht

Wie bereiten Sie Ihre Unterrichtsstunde vor?
Klaus-Jürgen Spätauf: Da hat sich nicht viel zum ursprünglichen Vorbereiten geändert . Nur, dass ich jetzt Inhalte einbaue, die ich am iPad mache. Ich versuche herauszuarbeiten, was mit dem iPad einen Mehrwert hat. Also es geht nicht darum, Papier und Stift durch das iPad zu ersetzen, weil dadurch alleine ist der Lerneffekt nicht größer. Es geht vielmehr darum, Technologie und auch das Wissen davon in die Geographiestunde zu verpacken.

Können Sie uns ein paar Beispiele nennen, wie Ihre Schülerinnen und Schüler mit dem iPad  arbeiten?
Klaus-Jürgen Spätauf: Die Schülerinnen und Schüler drehen beispielsweise ihre eigenen Wetterberichte. Ich finde, dass ein Buch darüber nicht so spannend ist. Aber wenn man sieht, wie viel Arbeit hinter so einem Wetterbericht steht, beispielsweise die Recherche, die Vorbereitung des Textes und der Grafiken, die Aufnahme – dann versteht man, dass ein Meteorologe beim ORF nicht nur die 5 Minuten arbeitet, die er um 20 Uhr im Fernsehen zu sehen ist. Aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten: Zum Beispiel Animationen schaffen für den Kreislauf des Wassers. Solche Animationen zu erstellen oder auch ganz normale Rechercheaufgaben sind ein nicht unwesentlicher Teil des Unterrichts.

Wichtig sind auch die Fragestellungen: Welchen Quellen kann ich vertrauen? Wo nehme ich meine Inhalte her? Wie ist das mit dem Recht am Bild? Darauf legen wir auch ein Augenmerk, weil das heutzutage wichtig ist. Das war zu meiner Schulzeit nicht so – da war es egal, woher man die Bilder  genommen hat. Heute verlieren Spitzenpolitiker ihre Jobs, weil sie ein Zitat nicht angegeben haben.

Glauben Sie, dass Differenzierung leichter oder schwieriger umzusetzen ist mit iPad-Klassen?
Klaus-Jürgen Spätauf: Prinzipiell glaube ich, dass man gut differenzieren kann, weil man aufgrund der Hilfestellungen, die die Technologie bietet, andere Möglichkeiten hat. Ein Schüler mit Textverständnisschwierigkeiten kann sich einen Text am iPad vorlesen lassen. Es gibt viele Möglichkeiten, die gut umsetzbar sind. Es hängt einfach auch von der Umsetzung der Lehrkraft ab.

NMS Feuerbachstraße iPad Klasse 2A
Arbeitsblätter werden direkt am iPad ausgefüllt und an den Lehrer geschickt.

Auf die Zukunft vorbereiten

Denken Sie, dass, durch den Einsatz von digitalen Mitteln, Ihre Schülerinnen und Schüler auch einen kritischen Umgang mit digitalen Technologien lernen?
Klaus-Jürgen Spätauf: Ja, das definitiv. Ich glaube, es ist die Aufgabe der Schule zu hinterfragen: „Ist es sinnvoll, Technologien einzusetzen?“. Wir weisen auch auf die zukünftige Arbeitswelt hin, dass dies Bestandteil der meisten Jobs sein wird. Es wird kaum einen Job geben, in dem man ohne Technologie auskommt. Und sei es nur zur Arbeitszeiterfassung oder um die eigene Arbeit zu präsentieren. Das wird nicht mehr mit Plakaten gemacht, heutzutage nutzt man das iPad oder den PC für Präsentationen.

Geht manchmal etwas schief? Sei es, dass die Technik einmal nicht funktioniert oder dass die Schülerinnen und Schüler weniger aufmerksam sind.
Klaus-Jürgen Spätauf: Es geht natürlich auch etwas schief. Überall, wo Technik zum Einsatz kommt, kann es sein, dass der Beamer einmal nicht funktioniert. Das ist aber relativ selten der Fall – in 99,9 % der Fälle funktioniert die Technik, zumindest bei den Geräten, mit denen wir arbeiten.

Ich glaube nicht, dass die Schülerinnen und Schüler abgelenkter sind. Wobei ich auch selbst einen sehr kritischen Blick auf meinen Unterricht habe. Wenn drei Schüler oder Schülerinnen in meinem Unterricht etwas anderes machen, hakt es an meinem Unterricht. Ich war selbst kein sehr aufmerksamer Schüler. Das hatte aber damit zu tun, dass der Unterricht langweilig war. Wenn der Unterricht mir jedoch die Möglichkeit bietet, mich zu entfalten – und meine Schülerinnen und Schüler haben auch sehr viele Freiarbeits-Phasen, in der sie ihrer Kreativität und ihrer Arbeit freien Lauf lassen können – dann glaube ich, ist der Wissensdurst eines Kindes unstillbar. Und das funktioniert.

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