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Über das “Beurteilt-Werden„ und die Auswirkungen

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe der pädagogischen Zeitschrift “Erziehung und Unterricht„ und befasst sich mit LehrerInnenurteilen und deren Auswirkungen auf Identitätsentwicklung und Bildungsbiographien.

Cathrin Reisenauer und Sabine Gerhartz-Reiter gehen in ihrem Beitrag (“Über das Beurteilt-Werden – LehrerInnenurteile und ihre Auswirkungen auf Identitätsentwicklung und Bildungsbiographien„) den Fragen nach, wie das Beurteilt-Werden von SchülerInnen erlebt wird und welche Auswirkungen diese Fremdurteile auf ihr Selbstkonzept und ihre Identitätsentwicklung haben. Damit wird als Folge auch der Einfluss dieser Zuschreibungen auf Bildungsbiographien und künftige Berufs- und Lebenschancen sichtbar. Ausschnitte aus Schilderungen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen veranschaulichen die Bedeutung von LehrerInnenurteilen und verweisen auf Chancen und Risiken, die Pädagogischer Diagnostik inhärent sind. Theoretische Erklärungsansätze bieten das Konzept der Adressierung von Judith Butler sowie die Überlegungen zu Schule als Anerkennungsraum von Axel Honneth.

To believe in a child is to strengthen that child.
Max van Manen (1991)

Einleitung

Schülerinnen und Schüler sind fast täglich damit konfrontiert, dass Lehrpersonen ihre Fähigkeiten und schulischen Leistungen, ihr Verhalten oder auch sie als ganze Personen beurteilen und einordnen. Diese Einschätzungen erfolgen mittels Pädagogischer Diagnostik – gesteuert und mit systematischen Methoden, aber auch intuitiv und informell (vgl. Ingenkamp & Lissmann 2008) – und werden den Lernenden direkt durch Noten, verbale Rückmeldungen, Schulempfehlungen und Gutachten oder auch indirekt durch die Zuweisung zu bestimmten Lerngruppen mitgeteilt.

@ Svetlana Braun – iStockphoto.com

Schulische Leistungen stellen eine zentrale Norm für positive wie auch negative Rückmeldungen dar. Mit sehr guten Leistungen sind dabei Erfolgserlebnisse sowie positives Feedback im Sinne von Gesehenwerden, Wertschätzung oder Lob verbunden, während negative Leistungen mitunter nicht nur mit Misserfolgserfahrungen, sondern auch mit Geringschätzung, Beschämung oder Tadel verknüpft sind.

Die Lernenden selbst haben auf diese Urteile einen sehr beschränkten, in den meisten Fällen gar keinen Einfluss, müssen sich jedoch diesen aussetzen, wie es die Kerngrammatik der Schule vorsieht. Dies kann, wie auch die Aussagen von SchülerInnen zeigen werden, zu Ohnmachtserfahrungen führen, da sie oftmals zu Objekten der eigenen Bildungskarrieren gemacht werden. Auch Ophysen & Behrmann (2015, S. 87) haben festgestellt, dass Diagnosen der Lehrkräfte „das Leben des Kindes langfristig und in vielen Bereichen – vom aktuellen Wohlbefinden bis zum späteren beruflichen Erfolg – beeinflussen [können]“.

Der Beitrag diskutiert, worin diese Einflüsse begründet sind, um im Anschluss mithilfe von SchülerInnenzitaten die Chancen und Risiken, die mit Pädagogischer Diagnostik verbunden sind, zu illustrieren. Dabei soll die Bedeutung Pädagogischer Diagnostik deutlich gemacht werden, die nicht nur dadurch entsteht, dass ungleiche Bildungsabschlüsse unterschiedliche Chancen eröffnen, sondern auch darin liegt, dass SchülerInnen als Personen zu jemandem gemacht werden und sich als Antwort auf die Urteile und die Urteilenden und im Dialog mit diesen in Folge selbst zu jemandem machen, der diesen Urteilen entspricht oder eben gerade nicht.

>> Lesen Sie hier den vollständigen Artikel von Cathrin Reisenauer und Sabine Gerhartz-Reiter aus der Ausgabe 2019/9+10 von Erziehung und Unterricht


Erziehung & Unterricht ist DIE pädagogische Zeitschrift in Österreich. Sie informiert über neue Entwicklungen im österreichischen Bildungswesen, bringt Schwerpunkte zu wichtigen bildungspolitischen Themen, bietet nützliche Informationen für die erzieherische Arbeit und setzt sich mit aktuellen Fragen der Schule auseinander.