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Starke Seiten für den Deutschunterricht

Starke Seiten Deutsch zählt aktuell zu den beliebtesten Deutsch-Schulbüchern in der NMS. Patricia Bulling und Markus Seli, zwei Mitglieder des fünfköpfigen AutorInnen-Teams erzählen im Doppel-Interview, wie sie zu dieser Aufgabe gekommen sind, was sie und ihre SchülerInnen an diesem Lehrwerk schätzen und sprechen über die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für den Deutschunterricht an einer NMS.

Frau Bulling, Herr Seli, Sie sind Teil des fünfköpfigen AutorInnen-Teams von Starke Seiten Deutsch. Möchten Sie sich kurz vorstellen!

Markus Seli: Nach dem Abschluss der Handelsschule 1991 arbeitete ich ca. zehn Jahre im Magistrat der Stadt Wien, zuerst im Personalwesen, danach in der Lohnverrechnung. Da die Tätigkeit nur mit Zahlen ein wenig trocken war, begab ich mich auf die Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung und holte schließlich auf dem zweiten Bildungsweg die Matura nach. Im Jahr 2000 beschloss ich, Lehrer zu werden und dem Beamtendasein ade zu sagen. 2001 begann ich an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien die Ausbildung zum Hauptschullehrer für Deutsch sowie Geographie und Wirtschaftskunde, die ich 2004 abschloss. Nach einigen Unterrichtsjahren, u. a. an Polytechnischen Schulen, bin ich seit 2007 in NÖ an einer Neuen Mittelschule tätig und engagiere mich – neben meiner Tätigkeit als Autor – auch in der Schulentwicklung. All dies – Unterricht und Erziehung, Schulentwicklung, diverse weitere Funktionen in der Schule und das Schreiben von Schulbüchern – unter einen Hut zu bringen, erfordert ein ziemliches Maß an Selbstdisziplin und ein gutes Zeitmanagement, woran ich bedauerlicherweise auch des Öfteren scheitere. Entspannung finde ich bei Spaziergängen mit meiner – allerdings sehr lebhaften – Gordon Setter-Hündin.

Patricia Bulling: Meine Matura machte ich am BORG-Mistelbach in Niederösterreich. Nach einem kurzen Ausflug ins Rechtswesen habe ich mich für den Lehrberuf entschieden und 2005 meinen Abschluss an der PH in Strebersdorf in den Fächern Deutsch und Musik gemacht. Anschließend erhielt ich eine Anstellung an der KMS-Neulandschule in Grinzing. In meinem zweiten Berufsjahr beschloss ich, aus Interesse neben dem Beruf das Studium der Germanistik aufzunehmen, was ich bis heute als große Bereicherung empfinde. Das Studium schloss ich 2013 ab. Ebenfalls 2013 erfolgte auf Grund eines Jobwechsels meines Mannes der Umzug nach Tirol, wo ich nach einigem Suchen und mit viel Glück an der PTS-Brixlegg landete. Dort durfte ich mich in den technischen Fächern neu erproben und stellte wieder einmal fest, dass man im Leben nie auslernt. 2015 zogen wir nach Baden-Württemberg. Dort wohnen wir derzeit mit unseren zwei Kindern und einem Hund und haben als neues Projekt den Hausbau für uns entdeckt.

Das Starke-Seiten-Deutsch-AutorInnen-Team: v.l.n.r. Irene Strömer, Patricia Bulling, Marianne Thaler, Markus Seli. Leider nicht am Bild: Thomas Bickel

Sie sind als Autorin bzw. Autor der Deutsch-Lehrwerkreihe Starke Seiten Deutsch für den öbv tätig – wie kamen Sie dazu?

Patricia Bulling: Zum öbv stieß ich eher zufällig durch eine ehemalige Mitarbeiterin. Diese erzählte mir, dass immer wieder Lehrerinnen und Lehrer für die Erstellung neuer Lehrwerke gesucht werden. Anfangs war ich etwas skeptisch und unsicher, ob ich mir diese Aufgabe zutraue. Aber meine Kollegin gab mir den Anstoß, mich beim öbv zu melden – und siehe da, der Verlag und ich hatten dieselben Vorstellungen von der Erstellung eines neuen Lehrwerks. Das Autorenteam sowie die Lektorin erwiesen sich in Punkto Zusammenarbeit, Motivation und Anregungen als großer Glücksfall. Insofern waren Treffen zur Besprechung auch persönlich immer eine Freude und das Arbeitsergebnis mehr als zufrieden stellend.

Seit 2013 arbeite ich an Starke Seiten Deutsch mit. Ziel war es, in den einzelnen Bänden die wichtigsten Themenbereiche für den Deutschunterricht abzudecken. Zusätzlich stellen wir eine Fülle an Übungsmaterialien zur Verfügung, die es den Lehrerinnen und Lehrern ermöglicht, für Schülerinnen und Schüler jedes Leistungsniveaus das passende, in sich abgestimmte Material zur Förderung der Grundkompetenzen zu finden. Ergänzt wird das für jede Klasse vorgesehene Sprach- und Arbeitsbuch durch einen ausführlichen Lehrerband, Kopiervorlagen, einen Übungsband für Schularbeiten und ein Sommertrainingsheft, ein Arbeitsheft Grammatik und Rechtschreibung sowie den Digitalen Unterrichtsassistenten.

Markus Seli: Ich glaube, es war im Jahr 2005, als ich einen Anruf von meinem ehemaligen GW-Professor der Pädagogischen Akademie, Prof. Mag. Dr. Christian Fridrich, erhielt. Er war vom öbv gefragt worden, ein Geographie und Wirtschaftskunde-Lehrwerk zu konzipieren. Dies wollte er allerdings nicht alleine tun und so stellte er sich ein Lehrwerksteam aus ehemaligen Studentinnen und Studenten zusammen. Natürlich war ich sehr stolz, ein Jahr nach Abschluss meines Studiums bereits an einem Schulbuch mitarbeiten zu dürfen, besonders, weil ich immer schon gerne Arbeitsmaterialien entwickelt hatte. Eine sehr fruchtbare und erfolgreiche Zusammenarbeit war die Folge: die GW-Reihe unterwegs entstand und liegt bereits in einer sehr gelungenen Neubearbeitung vor. Stolz auf diesen Erfolg und die Mitarbeit, dachte ich, das wäre es gewesen mit dem Schulbuch. Dachte ich! Denn im Zuge einer Onlineumfrage des öbv, an der ich teilnahm, lautete die letzte Frage „Könnten Sie sich vorstellen, an einem Deutschlehrwerk mitzuarbeiten?“ Zwei Tage später erhielt ich einen Anruf von Herrn Mag. Schierer, dem nunmehrigen Geschäftsführer des öbv, ob ich nicht in das bestehende (und nebenbei gesagt tolle) Starke-Seiten-Deutsch-Team einsteigen möchte. Neben den Starke Seiten Deutsch arbeitete ich auch an Vielfach Deutsch PTS mit, einem Deutschlehrwerk für die Polytechnische Schule.

Was ist für Sie das Besondere an Starke Seiten Deutsch ?

Markus Seli: Mit unterwegs konnten wir– als erstes GW-Lehrwerk am Schulbuchmarkt – das Doppelseitenprinzip einführen, was in den Starken Seiten Deutsch ebenso konsequent weitergeführt wurde. Wir konzentrierten uns auf sechs Hauptkapitel, die sowohl Lesetexte, Hörtexte, Schreibthemen und Grammatik und/oder Rechtschreibung beinhalten.

Besonders gelungen finde ich die hohe Zahl an interessanten und (hoffentlich) motivierenden Lesetexten und entsprechenden Übungen und Arbeitsaufträgen dazu. Jedes Kapitel  ist gleich aufgebaut und beginnt mit einer ansprechenden Intro-Doppelseite, die zum eigentlichen Thema führt. Wir haben uns sehr bemüht, dem Differenzierungsgedanken Rechnung zu tragen. So gibt es in allen Kapiteln leichtere und komplexe bzw. anspruchsvolle Schreibthemen. Lesen, Hören, Schreiben, Grammatik und Rechtschreibung sind  – soweit möglich – in einen Kontext, ein Hauptthema (z. B. Zeitungen, weitere Schul- oder Lehrberufswahl etc.) eingebettet. Hinzu kommt natürlich das Zusatzangebot, das von einem Arbeitsheft, Kopiervorlagen und Online-Zusatzmaterialien bis hin zu einem Fit für Schularbeiten-Heft und einem Ferienheft reicht. Nicht weniger wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler sehr selbstständig arbeiten können.

Patricia Bulling: Ziel war es, ein Werk zu schaffen, das einen einfachen, nachvollziehbaren Aufbau hat und sich einer leicht verständlichen Sprache bedient, die es den Schülerinnen und Schülern vor allem aus dem NMS-Bereich ermöglichen soll, Arbeitsanweisungen zu verstehen und ausführen zu können.

Zusätzlich war uns ein strukturierter, klarer Aufbau wichtig, der für alle Kapitel gleich bleibt und sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht. Eine farbliche Kennzeichnung der einzelnen Teilbereiche soll weiters Übersichtlichkeit schaffen. Im Zentrum eines Kapitels steht immer ein Thema. Das ganze Lehrwerk orientiert sich am Prinzip der Doppelseite, die ein in sich geschlossenes Themengebiet abdeckt. Die Illustrationen sollen den Inhalt unterstreichen und nicht zu sehr vom Thema ablenken.

Der Differenzierung wurde ein Schwerpunkt gewidmet, die konsequent einem dreistufigen Aufbau folgt. So können die Schülerinnen und Schüler Aufgaben ihrem persönlichen Leistungsniveau entsprechend lösen und sich an weiteren Aufgaben versuchen. Pro Kapitel werden vier Kompetenzbereiche (Zuhören und Sprechen, Lesen, Sprachbewusstsein und Schreiben) aufgegriffen und soweit wie möglich miteinander vernetzt. Das Werk ist vielseitig einsetzbar. Es ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, Aufgaben selbstständig zu lösen und auf den Basis- und Plus-Seiten ihr Wissen zu überprüfen. Genauso gut kann das Werk aber für Gruppenarbeiten, Partnerarbeiten oder den Frontalunterricht eingesetzt werden. Als zusätzliche Hilfestellung sind z. B. Übungen für Gruppen- und Partnerarbeiten extra als solche gekennzeichnet.

Was glauben Sie, gefällt Schülerinnen und Schülern am besten an Starke Seiten Deutsch?

Patricia Bulling: Das Werk greift aktuelle Themen und Bücher auf, die vielen Schülerinnen und Schülern aus dem Leben bekannt sein sollten. Es orientiert sich stark an der Praxis und bietet auf jeder Doppelseite Kreativübungen, die der Entspannung oder Erholung dienen. Das Layout ist ansprechend und den Altersgruppen entsprechend gestaltet. Die Schülerinnen und Schüler lernen unterschiedliche Arbeitsmöglichkeiten wie Arbeiten im Team oder mit einem Partner kennen, somit ist für Abwechslung gesorgt.

Markus Seli: Besonders attraktiv sind sicher auch die Introseiten und die Illustrationen. Hinzu kommt, dass die Schülerinnen und Schüler in weiten Teilen sehr selbsttätig (und u. U. auch in selbst gewählter Abfolge) arbeiten und Aufgaben z. B. durch den Lösungsteil selbstständig kontrollieren können. So wird Eigenverantwortung für den Lernprozess trainiert. Die bereits erwähnten Kreativaufgaben sind ein Highlight, das besonders die jüngeren Schülerinnen und Schüler mit Begeisterung zu lösen versuchen.

Was werden in Zukunft die größten Herausforderungen beim „Unterrichten“ sein, wohin geht die Entwicklung aus Ihrer Sicht?

Patricia Bulling: Da sich der Bereich des Lernens immer mehr auf die Schule verschiebt, ist es notwendig, dass die Schülerinnen und Schüler Wissen kompakt und übersichtlich vermittelt bekommen. Es soll ihnen möglich sein, selbstständig zu arbeiten und genügend Übungsmaterial in vielfältiger Weise zu erhalten, um ein Abflauen des Interesses so gering wie möglich zu halten. Heute muss ein Schulbuch Lehrwerk und Motivator in einem sein. Ein Schulbuch, das nicht ansprechend gestaltet ist und nicht bereit ist, sich auf die Themenwelt von Kindern und Jugendlichen einzulassen, hat auf dem Schulbuchmarkt so gut wie keine Chance. Weiters müssen Trends verfolgt werden und, solange sie erfolgsversprechend sind, als mögliches Angebot übernommen werden. Für die Lehrpersonen soll einem Werk ein großes Angebot an Aufgaben, Übungen und Ideen enthalten sein, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können.

Markus Seli: Differenzierung, Inklusion, (zum Teil traumatisierte) Flüchtlingskinder, die in das Schulleben und den Unterricht eingegliedert werden müssen und Deutsch lernen sollen, kritischer Umgang mit sozialen Medien, WhatsApp und dem Internet, Veränderungen durch die Digitalisierung, zunehmende (schriftsprachliche) Sprachverarmung, da in den Familien kaum bzw. nicht mehr vorgelesen und gemeinsam gelesen wird, Wortschatzerweiterung  – all dies sind große Herausforderungen der Zukunft, die ich – neben vielem anderen – bereits jetzt schon in der tagtäglichen Unterrichtspraxis erlebe. Eine gelungene Schulbuchreihe, die möglichst viele Schülerinnen und Schüler und deren Leistungsniveau anspricht und viele Zusatzmaterialien anbietet, kann hierfür eine wertvolle Hilfe sein.

Wenn Sie nur eine Fähigkeit bzw. Eigenschaft auswählen könnten – was würden Sie gerne jeder Schülerin und jedem Schüler „mit auf den Weg“ geben und warum?

Patricia Bulling: Die Themen in Schulbüchern sollten etwas mit der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu tun haben. Sie sollen Anstoß zum Nachdenken geben, aber auch Lösungsmöglichkeiten aus schwierigen Situationen aufzeigen. Nichts ist so schlimm, wie ein Lehrwerk, dass mit der Praxis nichts zu tun hat. Schließlich sollen die Schüler etwas fürs Leben lernen und nicht nur für die Schule.

Markus Seli: Mir ist es wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler kritisch und mit offenen Augen durchs Leben gehen. Sich selbst eigene Meinungen bilden können, aber auch von einer vorgefassten Meinung nach einem sorgfältigen Abwägen von Pro und Kontra Abstand nehmen können. Nach dem Ende der Pflichtschule sollten sie soweit sein, Texte sinnerfassend lesen zu können sowie sich mündlich und schriftlich im Alltagsleben adäquat äußern zu können. Nicht jede oder jeder ist eine brillante Aufsatzschreiberin, ein brillanter Aufsatzschreiber und muss es auch nicht sein, aber eine E-Mail, ein Posting, ein Arbeitsprotokoll, ein kurzer Text etc., ohne gravierende Rechtschreibfehler, sollten schon möglich sein. Persönlich wünsche ich mir, dass sich die Schülerinnen und Schüler an einen Lehrer erinnern, der sie zwar gefordert, ihnen aber etwas für das Leben mitgegeben hat. Auch finde ich es immer wieder faszinierend, zu hören und zu erfahren, welche – oft sehr erfolgreiche – Wege ehemalige Schülerinnen und Schüler nach der Schule eingeschlagen haben.