- öbv Magazin - https://magazin.oebv.at -

Politische Bildung einfach erklärt – PolEdu wird drei!

Seit November 2020 ist Politics & Education, kurz: PolEdu, Kooperationspartner des Österreichischen Bundesverlages. In bisher drei Geschichte-Schwerpunkten für Mittel- und AHS-Schulen wurden Arbeitspakete für den Unterricht gemeinsam gestaltet. Hochprofessionelle Erklärvideos, redaktionell aufbereitete Arbeitsblätter (für Bausteine Geschichte, querdenken, Zeitbilder Unterstufe und Oberstufe) sowie Quizlet-Anwendungen und hilfreiche Webinare schaffen es Didaktik und Politische Bildung perfekt zu vereinen.

www.poledu.at

Politische Bildung ist an vielen Schulen tendenziell unterrepräsentiert und für einige Lehrerinnen und Lehrer häufig ein schwieriges Themenfeld. Wir haben mit den beiden PolEdu-Obmännern Christian Pöltl-Dienst und Pascal Günsberg über ihren Verein und die Kunst politische Bildung zu unterrichten gesprochen.

Dieser Tage feiert PolEdu sein dreijähriges Bestehen. Gratulation! Wie kam es zur Idee mit PolEdu?

Pascal Günsberg: Vielen Dank für die Glückwünsche. Uns war klar: Wir wollten im Bildungsbereich anpacken und nahmen wahr, dass es im Kontext politischer Bildung an einigem fehlt. Unser Erstimpuls war, dass wir unser eigenes Unterrichtsmaterial mit der Lehrer*innenwelt teilen wollen. Daraus entwickelten sich weiterführende Ideen und der Wunsch etwas Größeres auf den Boden zu bringen, was der Jugend parteiunabhängige Möglichkeiten zur politischen Teilhabe eröffnen sollte. Damit war der Weg zu PolEdu geebnet – einer parteiunabhängigen Plattform für politische Bildung, Dialog und ein Ausbrechen aus Blasen.

Gab es Schlüsselmomente für Ihr persönliches politisches Engagement?

Christian Pöltl-Dienst: Entstehung und Entwicklung von PolEdu waren ein Prozess, so auch mein Weg hin zum politischen Engagement. Befeuernde Schlüsselmomente waren die zu Beginn meiner Studienzeit stattfindende „Uni brennt“-Bewegung, meine Tätigkeit als AHS-Lehrer und die damit verbundene Spürbarkeit von Politik, die Flüchtlingsbewegung 2015 sowie schlussendlich der Präsidentschaftswahlkampf 2017 in Verbindung mit der zunehmenden Polarisierung im Land als Folge der beiden Ereignisse.

Pascal Günsberg im Gespräch mit Rudolf Anschober ©Florian Parfuss

Wie wählen Sie Themen aus, die Sie auf Ihren Kanälen oder Sie in Webinaren und Workshops behandeln?

Günsberg: Christian und ich, sowie einige weitere aus dem PolEdu-Team, sind Lehrer*innen und stehen täglich im Klassenzimmer. Dadurch sind wir besonders nahe an der Jugend und hören hinein, welche Fragen gerade im Raum stehen und welche Themen polarisieren. Diese wollen wir aufgreifen, um möglichst nahe am Alltag der Jugendlichen dran zu sein, denn nur so gelingt es, das Interesse für Politik zu wecken.

Für viele Lehrer*innen ist es eine Herausforderung politische Themen im Unterricht zu behandeln. Sie unterrichten beide das Fach Geschichte an einer AHS in Wien. Wie gehen Sie mit politischer Aufklärungsarbeit im Unterricht um? Haben Sie generelle Tipps für Lehrende, die sich bei polarisierenden Themen wie z.B. Politik, Corona, Fake-News, Verschwörungstheorien, usw. schwertun?

Pöltl-Dienst: Es ist elementar, als Lehrkraft inhaltlich fit zu sein. Ist die persönliche Sachkompetenz, die sich auch aus persönlicher Auseinandersetzung mit Politik ergibt, gegeben, lässt sich adäquat auf aktuelle Entwicklungen in der Tagespolitik im Rahmen des Unterrichts und auf Schüler*inneninteressen und Meinungen reagieren. Zudem gibt uns der Beutelsbacher Konsens eine gute Anleitung des Erlaubten und Notwendigen hinsichtlich Politischer Bildung: Politisch bzw. gesellschaftlich Kontroverses auch kontrovers wiedergeben, Schüler*innen mit der persönlichen Haltung nicht überwältigen, diese aber dennoch situativ angebracht kommunizieren dürfen, und eine gewisse „Neutralität“ in der Rolle als Lehrperson. Diese „Neutralität“ ist nicht immer wörtlich zu verstehen, ist es doch unsere ureigene Aufgabe den Schüler*innen vorzuleben: Wir sind keineswegs neutral, wenn es um den Erhalt und die Stärkung unserer Demokratie geht. Unser Tipp: Informieren, diskutieren, reflektieren – mutig sein, denn es ist notwendig, um unsere Schüler*innen bei ihrem Weg zu mündigen Bürger*innen zielführend zu unterstützen

Diskussionsrunde mit Heide Schmidt & Meri Disoski ©Florian Parfuss

Lehrer*innen sollten bei politischen Themen ihre Schüler nicht einseitig beeinflussen. Wann dürfen Lehrer*innen trotzdem im Unterricht ihre Meinung äußern? Und wann müssen sie das sogar?

Pöltl-Dienst: Das kommt tatsächlich darauf an. Gleichwohl Lehrpersonen Schüler*innen nicht manipulativ beeinflussen dürfen, lohnt es sich punktuell Haltung zu zeigen, Position zu beziehen und die eigene Meinung kundzutun. Manchmal ist es notwendig neutral und unparteiisch zu moderieren, doch manchmal ist es auch klug, die eigene Position zu kommunizieren – etwa bei Menschenrechtsfragen, die wir für unabdingbar halten. Man spricht von „Erklärtem Interesse“. Es kann jedoch auch Sinn machen, als „Advocatus diaboli“ aufzutreten und bewusst der konsenten Klassenmeinung zu widersprechen oder auch die offizielle Meinung einer Institution widerzugeben (Nationales Impfgremium) oder eine Minderheitenmeinung innerhalb der Klasse bewusst zu unterstützen. In allen Fällen ist es zielführend, sich das behandelte Thema einerseits „gemein zu machen“ und gleichzeitig doch eine emotionale Distanz zur Debatte in Form einer gelebten Gelassenheit zu wahren.

Herr Pöltl-Dienst, Sie bringen sich im Bereich Schulentwicklung in die Schulpolitik ein. Was sind die konkreten Herausforderungen in der Schulentwicklung 2021? Was birgt alleine Corona für Herausforderungen oder auch Chancen? In welche Richtung wird sich Schule oder das Lehren in Zukunft entwickeln?

Pöltl-Dienst: Die Bedeutung von Schule als Ort der Begegnung ist uns durch Corona spürbar wie nie geworden. Die Berufung als Lehrer*in arbeiten zu dürfen, ist und bleibt eine der wichtigsten Aufgaben, die man für ein Land und die Menschen, die hier leben, leisten kann. Dennoch ist mir klar: Wir bewegen uns in einem starren Korsett, das nach Reformen schreit, dessen Schrei von den politischen Verantwortlichen aber nicht gehört werden will.

Christian Pöltl-Dienst, Brigitte Bierlein und Pascal Günsberg (v.l.n.r.) ©Florian Parfuss

Schule heute schaut aus und läuft ab wie vor hundert Jahren: Ein antidiskursives Setting, antiquierte hierarchische Strukturen, Unterricht, der nicht auf Augenhöhe stattfindet, ein System, das es verabsäumt Stärken und Talente zu fördern, individuell und flexibel auf die Anforderungen der Zeit einzugehen und das Chancenungerechtigkeit keineswegs minimiert.

Kurzum: Schule muss das Gelingen organisieren, nicht das Misslingen dokumentieren. Ich halte es für notwendig, unsere Schulen zukunftsfit zu machen: Ein modulareres System in der Sekundarstufe 2, individuelle Coachingmöglichkeiten, Praxisnähe, Ganztagsschulkonzepte, Bewegung, Demokratisierung von Schule und Unterricht sowie eine verstärkte pädagogisch-didaktische Hinwendung zu Partizipationsförderung in Form einer sinnvollen Ermöglichungspädagogik wären wichtige erste Schritte, die es dringend braucht.

Die bisherigen Kooperationen mit dem öbv sind allesamt sehr gut angenommen worden. Wie fällt Ihr Resümee aus?

Günsberg: Zwar sind sich alle gerne einig, dass politische Bildung wichtig ist, aber dennoch gibt es einen Mangel an Unterrichtsmaterialien zu politisch aktuellen Themen und viele Lehrer*innen nehmen dieses Themenfeld als Glatteis wahr. Umso wichtiger sind niederschwellige Angebote, die ermöglichen, politisch aktuelle Themen einfach und ansehnlich in den Unterricht zu integrieren. Wir sind dem öbv sehr dankbar, dies gemeinsam regelmäßig tun zu dürfen. Inzwischen ist die Kooperation zwischen dem öbv und PolEdu ein gut erprobtes Erfolgsmodell mit herzeigbaren Zwischenergebnissen. Der öbv ist dabei ein verlässlicher Partner, mit dem gemeinsam wir uns bereits jetzt auf die nächsten Projekte freuen!

Vielen Dank für das Gespräch!

Ein Auszug aus PolEdu-Beiträgen via Instagram zu politischen Themen:

 

Mehr über PolEdu: www.poledu.at


In Kooperation mit PolEdu entstanden bisher folgende Geschichte-Schwerpunkte:

US-Wahl 2020

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika gilt als die mächtigste Person der Welt. Zwischen der Wahl und der Amtseinführung in Washington D.C. liegen jedoch einige Zwischenschritte. Passend zu diesem Thema bot der öbv einen US-Wahl-Schwerpunkt mit kostenlosen Arbeitsblättern, einem Webinar, einem Quizlet und drei Erklärvideos an.

 

Radikalismus und Extremismus

“Radikalismus und Extremismus in Österreich“ lautete der zweite Themenschwerpunkt mit PolEdu. Von der Radikalisierung der österreichischen Bevölkerung in den 1920er und 1930er Jahren, über die Zeit des Nationalsozialismus bis hin zum Extremismus im 21. Jahrhundert, wollten wir mit diesem Schwerpunkt ein breites Spektrum an Themenbereichen der Politischer Bildung für den Geschichteunterricht abdecken.

Politik für dich und mich

In unserem neuesten Geschichte-Schwerpunkt “Politik für dich und mich„ wird Politik den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe 1 einfach erklärt. Die 12-jährige Charlotte geht unter anderem den Fragen nach, warum man in die Schule gehen muss, wie Gesetze entstehen und warum Politik uns alle betrifft.