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öbv liest: Unsere Buchtipps #5

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Wenn Sie Ihre Ferienlektüren durchgelesen haben, werden Sie vielleicht im fünften Teil unserer Serie “öbv liest„ mit Lesetipps von öbv Mitarbeiter*innen fündig. Viel Spaß beim Schmökern!

Nachts ist unser Blut schwarz

Gewinner des „International Booker Prize 2021“. Alfa Ndiaye kämpft im Ersten Weltkrieg an der Seite der Franzosen gegen die Deutschen – ein „Schokosoldat“ wie die Kameraden ihn nennen. Als sein Kindheitsfreund in seinen Armen verblutet, zieht er mit seiner Machete über das Schlachtfeld und kehrt jeden Abend mit einem Gewehr des Feindes samt abgetrennter Hand zurück …

Literatur ist für mich spannend, wenn sich neue Inhalte und Themen erschließen: In diesem Fall, dass etwa 180.000 sogenannte Senegalschützen ab 1914 von Frankreich aus an die damaligen Kolonien in West- und Zentralafrika und auch an die deutsche Front geschickt wurden. Dem Autor geht es um die Auseinandersetzung mit der rassistischen Ideologie über die „Schokosoldaten“, die vor allem für die Europäer furchteinflößend waren.

Nachts ist unser Blut schwarz, David Diop, 2021, Aufbau Verlag

 

H Is for Hawk

Schon als Kind beschloss Helen Macdonald, Falknerin zu werden. Als ihr Vater stirbt, setzt sich ein Gedanke in Helens Kopf fest: Sie muss ihren eigenen Habicht abrichten. Sie ersteht einen der beeindruckenden Vögel, ein Habichtweibchen, das sie auf den Namen Mabel tauft, und begibt sich auf die abenteuerliche Reise, das wildeste aller wilden Tiere zu zähmen. Ein Buch über die Erinnerung, über Natur und Freiheit – und über das Glück, sich einer großen Aufgabe von ganzem Herzen zu widmen.

Die Falknerei, das Zähmen eines Habichts waren für mich bis vor kurzem keine spannenden Themen – nach diesem Buch ist das anders. Die Faszination von Raubvögeln und die Arbeit mit ihnen sind ebenso packend geschildert wie das Verarbeiten von Tod und Trauer – Helen McDonald ist zwar Wissenschafterin, schreibt aber literarisch und einprägsam.

H Is for Hawk, Helen McDonald, 2014, Random House Verlagsgruppe

 

Der Kolibri

2020 gewinnt Sandra Veronesi mit Der Kolibri den Premio Strega und den damit den wichtigsten italienischen Literaturpreis. Der gefeierte Roman erzählt die Lebensgeschichte des Augenarzt Marco Carrera und fokusiert sich vor allem auf das Familiendrama der Carreras, durch das man mit sprunghaften Erzählungen von den Sechzigern bis zu dem Jahr 2030 geführt wird. Die Erzählungen mit oft deutlichen und starken Worten führen einen durch wunderschöne Orte wie Rom und Florenz.

Ein sehr packender, leicht zu lesender Roman – perfekt für den Italienurlaub oder danach. Allerdings muss man sich darauf einstellen, dass die ein oder andere Träne verdrückt wird.

Der Kolibri, Sandro Veronesi, 2021, Hanser Literaturverlage

 

Tyll

Getragen von der historisch nicht belegten Figur des Tyll (aka “Till Eulenspiegel„) erzählt Kehlmann in phantasievoller Sprache vom Leben im Deutschland des 17. Jahrhunderts, von Alltag und Krieg. Historie und Fiktion verweben sich zu einem großartigen Roman.

Wie realistisch Kehlmann eine Ära malt, sodass man sich gleich hiniengezogen fühlt, in diese Welt, die gar keine andere sondern nur eine vergangene ist: unglaublich beeindruckend.

Tyll, Daniel Kehlmann, 2017, Rowohlt Verlag

 

The Overstory / Die Wurzeln des Lebens

In Richard Powers Erzählwelt ist alles miteinander verknüpft. Die Menschen sind miteinander verwurzelt wie ein Wald. Sie bilden eine Familie aus Freunden, die sich zum Schutz der Bäume zusammenfinden: der Sohn von Siedlern, die unter dem letzten der ausgestorbenen Kastanienbäume Amerikas lebten; eine junge Frau, deren Vater aus China eine Maulbeere mitbrachte; ein Soldat, der im freien Fall von einem Feigenbaum aufgefangen wurde und die unvergessliche Patricia Westerford, die als Botanikerin die Kommunikation der Bäume entdeckte. Sie alle tun sich zusammen, um die ältesten Mammutbäume zu retten – und geraten in eine Spirale von Politik und Gewalt, die nicht nur ihr Leben, sondern auch unsere Welt bedroht. Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis 2019 für Literatur.

Ein monumentaler, aufregender Roman über Bäume, der den Blick auf die Welt und unseren Platz darin sowie den Begriff von Zeit nachhaltig verändert. Sehr lesenswert! Ich bin ein großer Fan von Richard Powers.

The Overstory / Die Wurzeln des Lebens, Richard Powers, 2018, William Heinemann / 2020, S. Fischer Verlag

 

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