- öbv Magazin - https://magazin.oebv.at -

Martin Apolin macht Physik in Form von Videos verständlich

(Bewegte) Bilder sagen mehr als tausend Worte. Big Bang-Autor Martin Apolin erklärt den Physikstoff der Oberstufe auf der Video-Plattform Youtube und jetzt auch direkt über die QuickMedia App. Wir haben ihn zu der Entstehung seiner Erklärvideos befragt und wollten wissen, wie viel Arbeit hinter der ganzen Produktion steckt.

Martin Apolin ist promovierter Physiker und Sportwissenschaftler. Er unterrichtet als Lehrer an einer Wiener AHS und an der Fakultät für Physik der Universität Wien.

Junge Menschen holen sich Informationen zunehmend über YouTube oder andere Plattformen in Form von Videos.

Sein Oberstufenlehrwerk Big Bang ist ein Must-Have des Physikunterrichts. Seine Videos sollen den Unterricht mit Big Bang unterstützen. In den Videos wählt Apolin manchmal auch einen völlig anderen Erkläransatz als in den Büchern.

Schon gesehen? Hier geht’s zum Youtube-Kanal von “Prof. Big Bang„ Martin Apolin


Im Gespräch mit Martin Apolin

Wie kamen Sie auf die Idee Erklärvideos zu machen?

Im Prinzip war das eine coronabedingte Kettenreaktion. Ich habe 2019 beim Ecowin-Verlag das Buch Himmels-Körper veröffentlicht, das leider ins Corona-Loch gefallen ist. Weil Präsentationen und Buchmessen ausgefallen sind, hat mich der Verlag gebeten, ein paar Promotion-Videos zu machen. Ich habe mit dabei nicht sehr wohl gefühlt. Ich sehe mich vor allem als Schreiber. Aber dann habe ich mich überreden lassen und auch ein paar Erklärvideos für Focus online gemacht. Und ein Posting zu diesen Videos hat dann wiederum der Chefredakteur von Terra Mater gesehen. In diesem Magazin habe ich eine Kolumne über Alltagsphysik. Er wollte zu meinen Texten unbedingt auch Videos dazu. Das waren dann meine ersten Greenscreen-Produktionen, und spätestens da hatte ich Feuer gefangen. Ohne Corona hätte ich mich wahrscheinlich über das völlig neue Metier nicht drübergetraut.

Welche Motivation stand dahinter eigene Videos zu produzieren?

Big Bang ist erfreulicherweise sehr populär. Es gibt ja seit zwei Jahren sogar eine Lizenzversion in Deutschland, was mich extrem freut. Und obwohl das Konzept 2004 entstanden ist, ist es in meinen Augen immer noch sehr modern. Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Junge Menschen holen sich Informationen zunehmend über YouTube oder andere Plattformen in Form von Videos. Und um hier den Zug nicht zu verpassen, hatte ich das mit den Videos schon länger im Kopf. Aber wie vorhin erzählt, kam der auslösende Impetus dann letztlich zufällig und ungeplant.

Sie versuchen in Ihren Videos Physik-Lehrstoff einfach zu vermitteln. Was macht für Sie eine gute Erklärung aus?

Für mich ist da die verständliche Sprache ein zentraler Punkt. Ich habe in meiner Physik-Dissertation mit der Sprache in Physikschulbüchern auseinandergesetzt und sehr viel dabei gelernt. Es gibt wissenschaftliche Kriterien dafür, wie man verständlich formuliert, und die versuche ich zu beherzigen. Am wichtigsten ist, dass die Sprache einfach ist. Es ist eine Herausforderung, einfach zu formulieren, ohne dabei an Tiefgang zu verlieren, aber es geht. Und der Witz ist, dass man die Dinge selbst besser versteht, wenn man sie einfach sagen kann. Da macht es manchmal bei mir richtig „klick“.
Wichtig für eine gute Erklärung ist auch, dass man nicht zu mathelastig ist, dass man gute Bilder und Animationen bringt, die die Worte ganz gezielt unterstützen, und dass man die Alltagserfahrungen anspricht. Naja, und langweilig soll es natürlich auch nicht sein.

Sie unterrichten Physik an einer AHS. Wie setzen Sie die Videos in Ihrem Unterricht ein? Haben Sie Tipps für Lehrer*innen wie man Ihre Videos am besten einsetzt?

Ehrlich gesagt ist es ziemlich schräg, im Unterricht eigene Videos herzuzeigen. Ich mache das schon, aber ich fühle mich nicht wahnsinnig wohl dabei. Ich gebe gerne Arbeitsaufträge und lasse die Schüler*innen die Videos im eigenen Tempo individuell ansehen, zum Beispiel im Wahlpflichtfach oder in der Vorbereitung für einen Test. Es steckt ja sehr viel Information in den Videos, und es ist sicher gut, sich manche Stellen mehrfach anzusehen oder zumindest Halt zu machen und Dinge zu notieren. Ich denke mir, dass die Kolleg*innen so viel didaktisches Fingerspitzengefühl haben, dass sie die Videos in ihren Unterricht passend einbauen.

Wie sehr eignen sich die Videos in Kombination mit dem AHS Oberstufenlehrwerk Big Bang?

Bestens! Ich habe sie ja so konzipiert, dass sie den Unterricht mit Big Bang unterstützen sollen. Ich orientiere mich auch an meinem Buch und greife bestimmte Themen heraus, die für Big Bang charakteristisch sind. Die Erklärungen in den Videos sind dabei aber oft genauer als im Buch und manchmal wähle ich auch einen etwas anderen Erklärungsweg. Ich erhoffe mir auf jeden Fall, dass die Kombination Big Bang plus Videos das Gelernte vertieft und dass mehr hängen bleibt.

Wie wählen Sie die Themen der Videos aus?

Ich versuche, den Stoff der Oberstufe grob abzudecken. Ich suche mir aber immer auch Themen, bei denen ich mich besonders wohlfühle oder wo ich denke, dass ich quasi eine Botschaft habe. Zum Beispiel sind mir Fermi-Rechnungen sehr wichtig, weil man mit diesen quick and dirty zu tollen quantitativen Ergebnissen kommt, die auch sehr oft ein Aha-Erlebnis bringen. Deshalb habe ich gleich vier Videos dazu gemacht. Außerdem verbinde ich gerne Sport, Biologie und Medizin mit Physik. Das ist nicht verwunderlich, weil ich ja Physik und Sportwissenschaften studiert habe.

Können sich die Zuseher*innen Ihrer Videos auch Themen wünschen? Würden Sie sich Austausch mit Ihrer Community wünschen bzw. tüfteln Sie an einem Instagram-Kanal oder Tiktok?

Es wurden noch keine Wünsche diesbezüglich an mich herangetragen, aber das klingt eigentlich sehr spannend. Warum nicht? In den sozialen Medien bin ich, wohl altersbedingt, vor allem auf Facebook unterwegs. Ein eigener Instagram-Kanal klingt irgendwie reizvoll, aber da bräuchte ich einmal ein wenig „Luft“ dazu. Ich habe leider oder glücklicherweise immer ziemlich viele Projekte, die mich gut auslasten, sodass ich das für den Moment eigentlich ausschließe. Mich halten momentan mein YouTube-Kanal und die Überarbeitung der Unterstufen-Big-Bangs genug auf Trab.

Haben Sie Feedback zu Ihren Videos erhalten?

Ich habe glücklicherweise sehr viel positives Feedback bekommen und mir ist das auch sehr wichtig. Ich bin Perfektionist und immer sehr geknickt, wenn ich etwas nicht gut hinbekomme oder es nicht gut aufgenommen wird. Positives Feedback freut mich immer sehr, natürlich auch in Bezug auf meine Schulbücher.

Wie viel Arbeit ist es um ein Video zu produzieren? Machen Sie alles komplett alleine (Schnitt, Effekte, Animationen) und haben Sie dafür ein eigenes “Youtube-Zimmer„ bei sich zu Hause eingerichtet?

Ich mache alles ganz alleine und brauche für ein Video etwa 20 Stunden. Zuerst schreibe ich das Drehbuch, lege also den genauen Text fest. Dabei überlege ich schon, welche Bilder und Videos ich verwenden werde. Ich benutze dazu die Stock-Bilder und -Videos von pixabay, weil diese eine CC0-Lizenz haben und gratis verwendet werden können. Ich überlege auch schon, an welchen Stellen ich Animationen einbauen werde. Diese erste Phase dauert ungefähr 3 Tage. Dann nehme ich mich auf. Ich habe dazu in meinem Arbeitszimmer einen Greenscreen aufgebaut und Softspots rumstehen. Das dauert wieder einen Tag. Und dann mache ich den Schnitt und die Animationen. Das ist mit Abstand der zeitaufwändigste Teil. Dafür brauche ich den Rest der Woche. Die Animationen mache ich in einer wilden Mischung mit Graphic Tablet, Powerpoint, Photoshop und dem Schnittprogramm DaVinci Resolve 17. Ich lerne da nach wie vor viel dazu und bin quasi ein Dilettant auf hohem Niveau. Wenn ich Glück habe, dann schaffe ich ein Video pro Woche. Immer geht sich das allerdings nicht aus. Manchmal spießt es sich beim Schnitt oder ich bekomme die Animation nicht gut hin oder ich muss nachdrehen.

Gab es aus filmischer Sicht Inspirationsquellen/Youtuber von denen Sie sich etwas abgeschaut haben? Haben Sie Vorbilder? Oder können Sie andere Youtube-Videos zum Thema Physik empfehlen?

Vorbilder habe ich im klassischen Sinn eigentlich nicht. Ich bin zwar Fan des YouTube-Kanals Veritasium, weil Dr. Derek Muller Physiker ist und die Videos wirklich sehr toll sind. Aber er macht das auf eine Art und Weise, die ich nicht könnte und die für mich auch zu zeitaufwändig wäre. Die Erklärvideos, die extra für die Schule gemacht sind, finde ich wiederum meistens zu trocken und zu mathelastig. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich entschlossen habe, dieses Projekt zu starten.

Haben Sie auch überlegt einen Podcast aufzunehmen? Es wäre doch gewiss weniger Aufwand.

Das habe ich mir tatsächlich auch schon überlegt. Und ich schließe nicht aus, dass ich das auch einmal machen werde. Allerdings liegt die Macht eines Videos eben in den bewegten Bildern. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Wenn sich das Bild dann auch noch bewegt, ist das in meinen Augen unschlagbar für viele Erklärungen. Ein Podcast eignet sich meiner Meinung nach aber sicher für ausgewählte Themen, bei denen es nicht auf eine visuelle Erklärung ankommt.

Martin Apolins YouTube-Kanal wächst und wächst.

 

Was kann man noch von Ihrem Youtube Kanal in Zukunft erwarten?

Ich möchte zunächst einmal 4 Jahre lang über den gesamten Oberstufenstoff drübergehen und in Summe etwa 80 Videos produzieren, die den Stoff grob abdecken. Und dann werde ich weiterschauen. Ich kann mir vorstellen, dass ich dann spezielle Themen herausgreife, die ich tiefer erkläre, oder dass ich Lücken fülle bei Themen, die im ersten Durchgang nicht drangekommen sind. Ich lasse mich mal selber überraschen, wie sich das weiterentwickelt.

Herr Apolin, vielen Dank für das Gespräch!


Jetzt NEU: öbv QuickMedia

Alle Videos können ohne langes Suchen über die kostenlose öbv QuickMedia App abgespielt werden. Einfach das Cover eines öbv Schulbuchs oder eine Schulbuchseite scannen und schon geht’s los. Kostenlose Erklärvideos passend zu Big Bang 5 sind bequem mittels öbv QuickMedia App abspielbar.