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Lehrkräfte fühlen sich bei Integration ukrainischer Kinder zu wenig unterstützt

Seit bald einem Jahr lernen aus der Ukraine geflüchtete Kinder an österreichischen Schulen. Maximilian Schulyok und Daniel Landau analysieren im Podcast #klassezwanzigzukunft Herausforderungen und Erfolge. Eine Umfrage unter Lehrkräften zeigt, wo Unterstützung fehlt.

Seit knapp einem Jahr werden Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, ins österreichische Schulsystem integriert aktuell sind es rund 13.000. Zeit für ein Resümee, findet Maximilian Schulyok, der Geschäftsführer des öbv. Der öbv führte daher eine Umfrage unter Lehrkräften durch und und analysiert mit Daniel Landau, Bildungskoordinator der Bundesregierung, Integrationserfolge und -herausforderungen im öbv-Podcast #klassezwanzigzukunft. “Seit fast einem Jahr muss unser Bildungssystem 13.000 ukrainische Kinder integrieren. Tausende von Lehrkräften arbeiten seit fast zwölf Monaten unter der Zusatzbelastung. Es ist wichtig, dass dieses Thema einen Platz im öffentlichen Diskurs hat”, so Schulyok.

Umfrage zeigt: Lehrkräften fehlt Unterstützung

Der öbv lud daher Lehrkräfte ein, ihre Erfahrungen bei der Integration ukrainischer Kinder im Rahmen einer Umfrage zu teilen. 318 Lehrkräfte aus allen Bundesländern und Schulformen nahmen teil. Nur etwa die Hälfte davon schätzt die Rahmenbedingungen für die Integration ukrainischer Kinder an der eigenen Schule als (eher) sinnvoll ein. “73 Prozent der Lehrkräfte fühlen sich bei der Integration ukrainischer Kinder nicht genügend unterstützt. Es scheint nur an etwa der Hälfte der betroffenen Schulen sinnvolle Rahmenbedingungen für die Integration zu geben”, so Schulyok. 74 Prozent der Befragten sind außerdem der Meinung, das österreichische Bildungssystem habe die Herausforderung, die ukrainischen Kinder zu integrieren, bisher nicht gut gemeistert. 

Ihrer Meinung nach fehlt vor allem Personal (73%), Unterrichtsmaterialien (60%), Sprachförderkurse (57%), psychologische Unterstützung (49%), finanzielle Ressourcen (47%) und entsprechende Fortbildung für Lehrer*innen (33%). Nur 41 Prozent geben an, dass ihnen Unterstützung zum Thema Spracherwerb ukrainischer Kinder angeboten wurde, 29 Prozent zur Integration von nicht-deutschsprachigen Kindern, nur 16 Prozent zur Integration von Kindern aus Kriegsgebieten und 14 Prozent zum Umgang mit Trauma. 

Als zur Verfügung stehende Unterstützung werden zusätzliche deutsch- (42%) oder ukrainischsprachige Lehrkräfte (17%) oder anderes zusätzliches Personal (9%) genannt, Schulbücher über die erweiterte Schulbuchaktion (23%), Unterrichtsmaterial des Bildungsministeriums (18%) und von anderen Anbietern (27%).

Vielen Dank allen Lehrer*innen, die an unserer Umfrage zu dem Thema teilgenommen haben. Wir nutzen die Angaben aus der Umfrage, um unsere Unterstützungsangebote für Sie zu verbessern sowie Ihre Situation und Ihre Anliegen als Lehrkräfte in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Voll integriert? Daniel Landau im Podcast #klassezwanzigzukunft

Um die Integration der ukrainischen Kinder genauer zu besprechen, hat Maximilian Schulyok einen Experten dafür in den Podcast #klassezwanzigzukunft eingeladen: Daniel Landau ist ehemaliger Lehrer und aktuell Bildungskoordinator der Bundesregierung für ukrainische Geflüchtete. „Ich habe quasi keine faktische Macht, sondern die Aufgabe ist es, Menschen zu verbinden“, stellt er klar.

„Dieses System ist nicht darauf ausgerichtet, so vielen Menschen auf einmal zu helfen.“ (Daniel Landau)

Landau weiß um die enorme Herausforderung, die es für das österreichische Schulsystem bedeutet, ohne große Vorlaufzeit 13.000 ukrainische Schüler*innen mit Traumatisierung und ohne deutsche Sprachkenntnisse zu integrieren: “Dieses System ist nicht darauf ausgerichtet, so vielen Menschen auf einmal zu helfen: Wir müssen ihnen nicht nur bei der Sprache helfen, sondern sie auch in das Schulsystem, in ihren entsprechenden Jahrgang, integrieren und noch dazu darauf achten, dass sie nicht allzu viel Zeit verlieren.”

Lehrer*innen fühlen sich zu Recht stark belastet, findet Landau: “Ich möchte mich herzlich bedanken bei den abertausenden Pädagoginnen und Pädagogen, die enorme Zusatzleistungen erbringen, damit die Kinder im österreichischen Bildungssystem möglichst gut ankommen.” 

Dass viele ukrainische Kinder parallel noch am ukrainischen Online-Unterricht teilnehmen, sei zwar verständlich, aber führe zu Überlastung und erschwere so die Eingliederung in die österreichische Schule. Landau zeigt sich überzeugt, dass das Sommersemester mehr Klarheit bringen wird. Einige Kinder seien bereits in die Westukraine zurückgekehrt; den anderen werde zunehmend klar, dass sie wohl längere Zeit hier in Österreich sein werden.

„Ich möchte mich herzlich bedanken bei den abertausenden Pädagoginnen und Pädagogen, die enorme Zusatzleistungen erbringen, damit die Kinder im österreichischen Bildungssystem möglichst gut ankommen.“ (Daniel Landau)

Das gesamte Gespräch zwischen Maximilian Schulyok und Daniel Landau zu Integration und anderen Aspekten des österreichischen Schulsystems kann nachgehört werden im Podcast #klassezwanzigzukunft.