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Erlebtes und Erfahrenes mit Mathematik verknüpfen

Das Zahlenbuch ist bekannt als der Klassiker für einen kompetenzorientierten Unterricht. In diesem Interview spricht Franz Korn, jahrelanger Volksschullehrer und Volksschuldirektor, über die Besonderheiten am Unterricht mit dem Zahlenbuch. Seine Kollegin Ulrike Jung gibt ebenfalls Einblick über den Einsatz des Zahlenbuchs in der Praxis.

Herr Korn stellen Sie sich bitte kurz vor und erzählen Sie uns, wie Sie zur Beratungs- und Autorinnenntätigkeit für das Zahlenbuch gekommen sind.

Franz Korn

Ich heiße Franz Korn. Ich bin seit 1986 Volksschullehrer, seit 1997 Volksschuldirektor (bis 2010 an der kleinen Landvolksschule Kürnberg im Westen Niederösterreichs, seit 2010 in Seitenstetten. 2005-2007 habe ich eine Zusatzausbildung bei Dr. Gaidoschik zum Lernberater Mathematik absolviert. Seither bin ich Referent in der Lehrerfortbildung PI, später PH Niederösterreich und PH Oberösterreich. Außerdem arbeite ich in Lernkompetenzzentren mit Kindern, die Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens haben.

Nach einigen Vorträgen und Workshops bei mathe 2000 Symposien und als Referent bei Zahlenbuchpräsentationen der ersten Zahlenbuchgeneration in Österreich kontaktierten mich Mitarbeiter des Verlags bezüglich einer Beratungs- und Autorentätigkeit für die Überarbeitung des Zahlenbuchs.

Seit wann unterrichten Sie mit dem Zahlenbuch und wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?

Ich kenne das Zahlenbuch bereits seit meiner Ausbildung bei Dr. Gaidoschik und das „Vorgängerwerk“ Rechenigel. Seither beeinflusst das Konzept des Zahlenbuches bzw. das von mathe 2000 meinen Mathematikunterricht. 2009 wurden wir durch meinen damaligen Außendienstberater Mag. Leonhard Kern Erprobungsklasse für das Zahlenbuch und unterrichten dort seither damit.

Welchen Vorteil sehen Sie im Unterricht mit dem Zahlenbuch?

Das Konzept ist sowohl fachwissenschaftlich als auch fachdidaktisch wohlüberlegt, man könnte sagen, es steht sowohl theoretisch als auch praktisch auf soliden Beinen. Das Zahlenbuch ist aus dem mathe-2000-Projekt der TU Dortmund hervorgegangen. Es entwickelt die mathematischen Inhalte in mehreren Durchgängen, wobei es sich auf die wesentlichen Bereiche der Arithmetik und Geometrie konzentriert, Kinder mit Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens nicht vergisst und produktive Lernumgebungen auch für Kinder, die bereits tiefer in die Materie eindringen können, anbietet.

Insbesondere das Prinzip der „natürlichen Differenzierung“, das dem Zahlenbuch eigen ist, fördert das individuelle Eingehen auf die Bedürfnisse aller Kinder, ohne die Lehrperson zu überfordern. Mittlerweile gibt es ein umfangreiches Angebot an Zusatzmaterialien, das sowohl den Ansprüchen eines zeitgemäßen Mathematikunterrichts genügt, als auch nahezu alle Lehrplanbereiche abdeckt.

Besonders erwähnenswert ist der Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer, welcher in der Neufassung auch noch besonders übersichtlich geworden ist.

Die einführenden Doppelseiten vor jedem neuen Themenblock geben den Lehrpersonen einen inhaltlichen Überblick, klären die Intention der folgenden Buchseiten, weisen auf mögliche Schwierigkeiten hin und bieten Lösungsansätze. Jede Buchseite ist schließlich ausführlich kommentiert, sodass auch „Zahlenbuch-Neulinge“ sich rasch zurechtfinden.

Der integrierte Blitzrechen-Kurs – der die arithmetischen Basisfertigkeiten, die jedes Kind erwerben sollte, umfasst –  hilft der Lehrperson dabei, das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei leistet er auch als Förder- und Diagnoseprogramm für Förder- oder Stützlehrkräfte hervorragende Dienste. Das umfangreiche Material zu diesem Teilbereich (Übungsheft, Kartei, CD-ROM) unterstützt auf vielfältige Weise den notwendigen Übungsprozess.

Es werden sowohl frontale als auch offene Unterrichtsstile angesprochen, soweit sie sich dem Konzept des aktiv-entdeckenden Lernens zuwenden. Nur das strenge Korsett eines klein- und kleinstschrittig fortschreitenden „Belehrungsunterrichts“ kann durch das Zahlenbuch auf Grund seines Konzepts nicht unterstützt werden. Auch auf der Grundlage neuester Erkenntnisse der Lernpsychologie und Gehirnforschung werden ganzheitliche Zugänge zu neuen Themenbereichen angeboten. So können Kinder ihr Vorwissen optimal aktivieren, wenn sie etwa angehalten werden, eigene Wege zu probieren, miteinander zu vergleichen und Auffälligkeiten zu besprechen. Sorgfältig ausgewählte Übungsformate unterstützen die Kinder im Lernprozess von einfachen auf schwierige Aufgaben zu schließen. Dies ist nicht zuletzt eine der besten präventiven Maßnahmen gegen das „zählende Rechnen“, über das die überwiegende Mehrzahl jener Kinder, die Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens haben, nicht hinweg kommen. Das Zahlenbuch bietet gerade auch unter diesem Aspekt für Lehrpersonen und Kinder optimale Grundlagen.

Was, glauben Sie, gefällt Schülerinnen und Schülern am besten am Zahlenbuch?

Jung: Die anschauliche Aufarbeitung der Themen ist sehr gut gelungen. Als Beispiel sei der Einmaleins-Plan angeführt: Jedes Kind bekam diese Tafel laminiert. Das Blatt liegt am Platz und kann somit jederzeit bearbeitet werden. Das Vorlesen der Geschichte über die „Tierkonferenz“, die gefälligen Tierdarstellungen und die damit verbundenen „Sprünge“ sprechen die Schülerinnen und Schüler an. Auch die Arbeitsmaterialien gefallen ihnen sehr gut und werden mit Freude genutzt. Die CD kommt sowohl in der Schule als auch zuhause zum Einsatz. Das Einbinden von Alltagsgegenständen (Schachteln, Gefäße, …) aber auch z.B. von Bestellscheinen begeistert die SchülerInnen.

Sie können dadurch Erlebtes und Erfahrenes mit Mathematik verknüpfen.

Die verschiedenen Formate (Rechendreieck, Zahlenmauern, Zahlenhäuser, „Schöne Päckchen“ und „Schöne Päckchen?“) sprechen die Kinder in spielerischer Form an: „Frau Lehrerin, das ist wie Rätsel lösen.“ Die Zusammenfassung aller Themen im Schuljahr (Arbeitsheft „Grundfertigkeiten“) bearbeiten die Kinder mit großer Freude, weil sie dabei sofort Lernerfolge sehen und erkennen, wie viel sie bereits gelernt haben.

Was haben Sie im Unterricht mit dem Zahlenbuch Besonderes erlebt?

Jung: Das Symbol des Fragezeichens bei Sachaufgaben veranlasst die Kinder, bewusst zu überlegen, welche Frage man zum angeführten Satz stellen kann. Die Schülerinnen und Schüler erlernen, dass mehrere Fragen und somit auch Rechenwege möglich werden.

Komplexe bzw. neue Themen werden zuerst im „Gesamtpaket“ vorgestellt und dann über verschiedene Zugänge vertieft. Beispielsweise hat ein Kind in der ersten Klasse zuerst das Über- und Unterschreiten der Zehn nicht verstanden. Durch das spätere Wiederholen der „Kraft der Fünf“ löste sich der „Knoten“ von selbst. Das Kind rechnet nun mit Freude und Sicherheit im Zahlenraum 20. Ein besonderer Moment in einer ersten Klasse: Binnen kürzester Zeit begannen einige Kinder in Zahlenräumen zu experimentieren und weit über den erlernten Zahlenraum hinaus zu rechnen. Das Zahlenbuch lässt dieses Experimentieren zu und fördert es.

In der 3. und 4. Schulstufe merkt man, dass den Schülerinnen und Schülern der Umgang mit dem Zahlenbuch schon sehr vertraut ist und sie mit Freude versuchen, Lösungen für schwierige Sachaufgaben bzw. Fragestellungen verschiedenster Art zu finden.


Mit der Neubearbeitung von Zahlenbuch Band 4 ist die Reihe nun komplett neu überarbeitet. Alle Informationen zum Zahlenbuch finden Sie unter www.oebv.at/zahlenbuch

Mehr Informationen zu unseren Programm mathe 2000 Zusatzmaterialien finden Sie unter www.oebv.at/mathe-2000