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Bildungsheld*innen im Bildungstalk

Titelbild

Der 24. Jänner ist der internationale Tag der Bildung. öbv und KURIER haben den Tag ins Zeichen der Bildungsheld*innen gestellt und bei einer Talkveranstaltung in der Libelle im Museumsquartier auf dem Podium und im Saal spannende Bildungsheld*innen zusammengeholt, um einen Austausch über Ideen für die Zukunft der Bildung anzustoßen.

Über den Dächern von Wien, in der Libelle im Museumsquartier haben sich am Abend des 24. Jänner anlässlich des Tags der Bildung Menschen, denen Bildung am Herzen liegt, zum Bildungstalk von öbv und KURIER unter dem Thema „Bildungsheld*innen – wir gestalten täglich die Schule der Zukunft!“ zusammengefunden. Diese Bildungsheld*innen sind keine herausgehobenen VIPs, sondern die unzähligen Menschen, die sich jeden Tag für Schule und Bildung engagieren – ganz menschlich und unperfekt. Das sind allen voran natürlich die Lehrkräfte, aber auch Eltern, Initiator*innen, Mitarbeitende in Bildungsinitiativen oder -unternehmen – und nicht zuletzt Schüler*innen selbst, die auf ihrem Bildungsweg so einige Hindernisse überwinden müssen. „Unser Bildungssystem macht es Lehrer*innen, Schüler*innen und Engagierten oft nicht leicht. Dennoch bleiben viele von ihnen motiviert, setzen sich tatkräftig ein und bewegen dabei viel. Das macht sie für uns zu Bildungsheld*innen”, erklärte Maximilian Schulyok, öbv-Geschäftsführer und Moderator des Bildungstalks.

Im Zentrum der Veranstaltung stand der Austausch über innovative Ideen und Ansätze, wie Veränderung im Bildungssystem möglich wird. Am Podium saßen – stellvertretend und nur als kleiner Ausschnitt der unzähligen Bildungsheld*innen – vier Personen, die ganz konkrete Erfahrungen zu Zukunftsthemen der Schule teilen. Nach jedem Thema gab es Gelegenheit für Diskussion im Saal, denn all die Lehrer*innen, Eltern und anderen Bildungsbegeisterten im Saal hatten viele spannende Gedanken beizutragen.

Wer sind Bildungsheld*innen?

Zunächst kamen Podiumsgäste und Bildungsheld*innen im Saal zu Wort und erzählten, wer für sie wichtige Bildungsheld*innen sind: Genannt wurden zum Beispiel Schüler*innen, die auf ihrem Bildungsweg immer wieder Hindernisse überwinden müssen, Lehrer*innen, die noch Vollzeit tätig sind oder Eltern von Geflüchteten, die sich gegen bestehende Widrigkeiten für die Bildung ihrer Kinder einsetzen – aber auch Erzieher*innen in betreuten Wohngemeinschaften, die für die Bildung von Kindern einsetzen, die gar nicht ihre eigenen sind.

Für mich sind Bildungsheld*innen die Lehrer*innen, die trotz aller Schwierigkeiten in den letzten Jahren nicht aufgeben und sich weiterhin motiviert für junge Menschen einsetzen.

Diversität als positive Ressource

Leila Babić von Culture School, die mehrere Jahre als Lehrerin tätig war, arbeitet jetzt mit Schulklassen, Lehrer*innen und Eltern daran, Diversität im Bildungskontext zum Thema zu machen und als positive Ressource zu etablieren. Gerade in Wien sei der Anteil an Kindern mit diversen kulturellen Hintergründen sehr hoch. Leila Babić erzählte davon, dass das Thema oft nur als Konfliktfeld wahrgenommen wird und dass viele Lehrer*innen unsicher sind, ob und wie sie es adressieren sollten.

„Für Lehrkräfte ist das Thema Diversität oft schwierig, denn sie werden in der Ausbildung kaum darauf vorbereitet. Das positiv zu thematisieren, kann man aber nicht einfach so.“

Dann teilte sie ganz konkrete Erfahrungen und Tipps: Beispielsweise sei es wichtig, dass Kinder ihre Identität selbst gestalten dürften. Ihnen eine Identität – weder eine andere noch die österreichische – aufzuerlegen oder ihnen das Gefühl zu vermitteln, sie müssen sich für eine Identität entscheiden, sei eher nicht hilfreich. Diejenigen, die gleich morgen in ihren Klassen beginnen möchten, das Thema positiv anzugehen, könnten zum Beispiel einfach einmal fragen, ob es denn Namen gebe, die man noch nicht ganz richtig ausspricht. Auch könnte man in jedem beliebigen Unterrichtsfach bei der Einleitung in ein Thema – zum Beispiel Freundschaft – fragen, ob jemand das Wort in einer anderen Sprache sagen könne. So werden keine Kinder gebrandmarkt, aber sie haben die Möglichkeit, ihre eventuellen Muttersprachen oder Zweitsprachen in positiver Weise einzubringen – und auch einmal zu sehen, dass ihre Lehrer*innen vielleicht Probleme mit der Aussprache haben.

Übrigens: Mehr Input zum Thema von Leila Babić gibt es auf unserer Bildungsplattform lörn.

Auch Menschen aus dem Publikum bestätigten, wie wichtig es ist, das Thema gut zu thematisieren und dass es dabei Aufholbedarf gibt. Schließlich wirkt es sich negativ auf die Identitätsbildung von Kindern aus, wenn sie ständig das Gefühl haben, nicht dazuzugehören. Selbst bei Erwachsenen kommen mitunter Emotionen auf, wenn ihr Name durchgängig falsch ausgesprochen und nicht auf eine Korrektur der Aussprache reagiert wird.

Digitalisierung – aber sinnvoll

Markus Fischer, der mit der Lernplattform chabaDoo Vorreiter in individualisiertem digitalem Lernen sprach darüber, wie Digitalisierung zielführend im Unterricht eingesetzt werden kann. Man müsse Lernen ganzheitlich betrachten und schauen, wo Digitalisierung sinnvoll einen Beitrag leisten könne.

„Das Medium digital nur für sich alleine löst erst einmal gar keine Probleme und hat keinen Mehrwert an sich.“

Eine Chance ist sie zum Beispiel für individuelles Lernen auf dem eigenen Lernniveau, im eigenen Tempo und anhand der eigenen Interessen. Aber Lehrende müssten dabei begleitet werden, Digitalisierung einzusetzen. Was könnten Interessierte gleich morgen im Unterricht einsetzen? Es werde viel über Digitalisierung geredet, aber es sei wichtig, neue Technologien tatsächlich auszuprobieren. Bestätigung kam aus dem Publikum: Mit chat gpt und ähnlichem müsse man beginnen zu experimentieren und es mit sinnvollem Kontext im Unterricht zu thematisieren – nicht es zu verbieten oder totzuschweigen.

 

Auch Kindern klar zu machen, warum sie Dinge lernen, mit ihnen auf Augenhöhe zu kommunizieren und die bewusste Entscheidung zu treffen, über Bildung nicht vor allem negativ zu sprechen, sondern es ganz gezielt wieder mit Freude zu verknüpfen, seien Dinge, mit denen man ganz unmittelbar eine positive Veränderung schaffen könne. Veränderung im Bildungssystem zu erreichen, wirke oft unschaffbar, aber – so war er überzeugt – sei möglich, wenn jede und jeder beginne, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten mitzuwirken.

Lernen in Bewegung

Claudia Kollmer-Weber ist seit 27 Jahren Lehrerin. Als Direktorin des Bildungscampus+ Friedrich Fexer Attemsgasse steht sie auch heute noch immer wieder vor der Klasse. Sie berichtet von ihrem spannenden Raum- und Bewegungskonzept: Lernen in Bewegung ist in ihrer Schule gelebte Praxis. Schule sei nicht mehr nur der Ort der Wissensvermittlung, sondern viel mehr.

Und erwiesenermaßen lernen Kinder besser, wenn sie sich dabei und dazwischen auch austoben können. Internationale Studien bestätigen, dass Sport Lernmotivation und Konzentration steigert: Er verknüpft beide Gehirnhälften, sorgt für Endorphine und baut Stress ab.

„Bei Sport und Musik entwickeln Kinder Fähigkeiten, die sie auch sonst im Leben brauchen: Teamfähigkeit, Frustrationstolanz und vieles mehr.“

Das sei aber nicht nur mit speziellem Raumkonzept möglich: Man könne Kinder nicht nur im Turnsaal bewegen, sondern das sei überall möglich: Bewegungslandschaften könne man auch im Klassenraum oder auf dem Gang aufbauen, man könne mit ihnen nach draußen gehen oder an Sportereignissen in der Umgebung teilnehmen.

Veränderung in Schulen verankern

Corinna Sahl bringt mit der Initiative LernLust JETZT Menschen zusammen, die lokal Bildungsimpulse setzen. Sie weiß: Es gibt viele spannende Ansätze und Projekte, aber um die Veränderung dauerhaft ins Bildungssystem zu bringen, müssen diese lokal an Schulen verankert werden. Besonders am Herzen liegt ihr die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden. Gut lernen könnten Kinder nur an einem Ort, an dem sie sich sicher und angenommen fühlen. Der Zeitmangel und die Noten stünden dem eher im Weg. Aber Lehrer*innen könnten bereits durch kleine Ansätze einen Unterschied machen: mit den Kindern ins Gespräch kommen, Fragen stellen, Interesse zeigen.

 

„Lernen funktioniert durch Beziehung und die gestalten wir Menschen. Das war lange Zeit in der Schule nicht besonders wichtig.“

Wie werde Veränderung nachhaltig möglich? Sich Argumente aus der Forschung anzueignen, sich vor Ort zusammenzutun und ein Supportsystem zu bauen und dann einen für den jeweiligen Kontext ersten Schritt gemeinsam finden und tun – das habe sich bewährt.

Bildungsheld*innen im Saal tauschen sich aus

Zu jedem Thema kommen auch die Bildungsheld*innen im Saal zu Wort, berichten aus der Praxis, stellen Rückfragen, teilen eigene Erfahrungen und Anliegen: Das herkömmliche System der Prüfung und Bewertung sei ein Hindernis auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Schule. Die Ressourcen seien ein großes Problem, Stundenverteilungen würden jedes Jahr zur Herausforderung. Aber: Man könne auch mit wenig etwas bewirken.

„In Wirklichkeit hätten viele Bildungsheld*innen Ideen, die werden auch schon umgesetzt. Aber sie werden nicht finanziert. Es geht immer nur ums Geld.“

 „Im Lehrerzimmer ist oft so eine schlechte Stimmung. Ich versteck mich in den Pausen oft vorm Lehrerzimmer und geh raus zu den Schüler*innen.“

„Wie viel reden wir über die schlechten Lehrer*innen! Aber wir hatten auch alle sehr, sehr gute Lehrer*innen!“

Nach diesem spannenden Abend voller Austausch gingen die Bildungsheld*innen inspiriert nach Hause. So manche berichteten, dass sich ganz konkrete Ideen mitgenommen haben und motiviert sind, diese gleich in die Praxis umzusetzen. Der öbv nimmt das Thema der Bildungsheld*innen weiter mit durch das Jahr 2023. Unter anderem stehen eine neue Staffel des Podcasts #klassezwanzigzukunft, ein Bildungsmagazin und weitere Veranstaltungen auf dem Programm.

Die Veranstaltung wurde auf Instagram live gestreamt und kann dort noch nachgeschaut werden.

Tags : Bildungsheld*innenBildungsheldenBildungstalkVeranstaltung