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5 Fragen an Teachers for Future Österreich

Teachers for Future ist eine überparteiliche Gruppe von LehrerInnen, die sich mit der Klimabewegung Fridays for Future solidarisiert und ihre Forderungen unterstützt. Das Ziel der Gruppe ist es, Lehrpersonen zu vernetzen, zu ermutigen und dabei zu unterstützen, in ihrem Wirkungsbereich für Klimaschutz aktiv zu werden. Das öbv Magazin hat Teachers for Future fünf Fragen zum Thema Nachhaltigkeit im Unterricht gestellt.

Gibt es bestimmte Fragen, die von Lehrkräften rund um Fridays for Future immer wieder an Sie herangetragen werden?

Die Klimakrise und die daraus entstandene Protestbewegung hat im vergangenen Jahr zahlreiche LehrerInnen beschäftigt. Die Dringlichkeit der Lage ist vielen bewusst, oft herrscht jedoch Unsicherheit darüber, wie wir in der Schule darauf reagieren sollen. Dürfen wir uns als LehrerInnen überhaupt über die reine Wissensvermittlung hinausgehend engagieren? Und wenn ja, wie kann so ein Engagement aussehen?

Als LehrerInnen ist es unsere Pflicht, Wissen und Bewusstsein über die Klimakrise zu vermitteln. Wir wissen heute, dass uns eine Katastrophe bevorsteht, wenn wir nicht entsprechende Gegenmaßnahmen setzen. Das sagt uns die Wissenschaft mit klarer Stimme. Dieses Wissen gilt es zu vermitteln, denn nur so können wir unserer Aufgabe gerecht werden und die Bildungsziele erreichen.

Wie kann so ein Engangement aussehen?

Die Möglichkeiten sind vielfältig:

Was sind die Themen die Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schüler aktuell besonders beschäftigen? 

Wie gehen wir Lehrpersonen mit der wissenschaftlich vernichtenden Wahrheit bezüglich der Klimakrise um? Wie bereits erwähnt, ist es unsere Pflicht, auch im schulbezogenen Rahmen eine aktuelle Wissensvermittlung zu globalen Welthemen bereitzustellen. In diesem Fall sind die Informationen aber derart angsteinflößend und zukunftsbedrohend, dass sich LehrerInnen die Frage stellen müssen: Wie vermittle ich genügend physikalisches, ökologisches, soziales und politisches Fachwissen, ohne die Hoffnung der SchülerInnen auf eine positive Zukunft zu zerstören und dabei auch das Empowerment gleich Null zu senken? Eine mögliche Antwort hierzu könnte der Zusatz des Krisenmanagements sein. Ein faktenbasierter Unterricht mit Fokus auf Lösungsansätzen und Partizipationsmöglichkeiten jedes Einzelnen.

SchülerInnen fragen sich im Angesicht des zeitlichen Drucks, wie sie ihren Einfluss als “Noch-Nicht-Wähler” 2020 erhöhen können.

Ihnen ist bewusst, dass sie die erste Generation sind, die die Klimakrise massiv in ihrem Alltag zu spüren bekommen wird. Gleichzeitig sind sie die letzte Generation, die sie verhindern können.

Die SchülerInnen wissen, dass sie jetzt politisch genug Druck aufbauen müssen. Immer mit der einfachen Forderung im „Schulrucksack”, die Politik möge bitte sofortige und ambitionierte Maßnahmen setzen, um das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten.

Es bleiben noch 8-10 Jahre, bis unser globales C02-Kontingent erschöpft ist. Danach ist der kontinuierliche Anstieg des Treibhausgasgehalts in der Atmosphäre durch die sogenannten Kipppunktmechanismen unkontrollierbar und irreversible und damit auch eine Absicherung einer lebenswerten Zukunft auf diesem Planeten.

We don't have time
NiklasPntk / pixabay

Eine Möglichkeit für Schulen sich zu engagieren ist im Rahmen von Klimaclubs. Was genau macht ein Klimaclub und welche Rolle spielt Teachers for Future dabei? 

Ein Klimaclub ist eine unbürokratische Plattform an der Schule, in der sich SchülerInnen und LehrerInnen gemeinsam mit Klimagerechtigkeit auseinandersetzen und schulstandortspezifische Aktionen planen und umsetzen. So hat zum Beispiel der Klimaclub des BORG3 in Wien am Tag der offenen Tür die Gäste über die Klimakrise informiert. Am Islamischen Realgymnasium in Wien 15 wurden die Parkplätze im Innenhof in einen Garten umgestaltet. Die SchülerInnen und LehrerInnen am Gymnasium Draschestraße luden zu einer Podiumsdiskussion mit VertreterInnen aus Wissenschaft, Politik und von Fridays for Future ein. Am BG/BRG Schwechat wurden Bäume für den Schulhof besorgt und am Gymnasium Sacré Coeur Rennweg informiert eine „Klimatafel“ die Schulgemeinschaft auf kreative Weise über das Thema. Hinzu kommt, dass tausende SchülerInnen und LehrerInnen gemeinsam an den globalen Klimademonstrationen teilgenommen haben – oft im Rahmen des Unterrichts. Viele Jugendliche haben hier ihre ersten Erfahrungen mit dieser Art der demokratischen Teilhabe gemacht.

Diese Projekte dienen als Beispiele für etwas, was wir Klimaaktivismus in der Schule nennen. Die LehrerInnen, die Klimaclubs und andere Aktionen organisieren, haben erkannt, dass wir uns nicht auf reine Wissensvermittlung beschränken können. Im gemeinsamen Engagement mit unseren SchülerInnen können wir die Zukunft aktiv mitgestalten. Teachers for Future unterstützt Schulen bei der Errichtung der Klimaclubs. Es werden Best-Practice Beispiele geteilt und jeder Klimaclub kann sich an das Netzwerk der Teachers for Future anschließen. Weiteres stehen wir zur Zeit auch mit der Bildungsdirektion und dem Bildungsministerium in Kontakt, um klarere und ambitionierte Implementierungsmöglichkeiten von Klimaclubs für alle Schultypen zu ermöglichen.

Auf Ihrer Website findet man eine Sammlung an Unterrichtsmaterialien. An welche Lehrkräfte richtet sich dieses Angebot und welche Art von Materialien gibt es dort? 

Unsere Materialsammlung richtet sich an alle Lehrpersonen unabhängig davon, in welcher Schulstufe oder an welchem Schulstandort sie unterrichten. Die Sammlung ist eine breite Best-Practice-Sammlung von Lehrpersonen und sie beinhaltet weitreichende interdisziplinäre sowie fachspezifische Unterrichtseinheiten, aber auch Einzelmaterial, wie Videos, Filmtipps oder Arbeitsblätter zur Klimakrise. Wir freuen uns auch immer über neuen Input an Material, welcher uns per Email zugesandt werden kann.

Teachers for Future
Teachers for Future Treffen

Möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern zum Abschluss noch etwas mitteilen? 

Wir wissen – auch das ist eine Erkenntnisse der Wissenschaft – dass es Menschen schwerfällt, die Bedeutung der Klimakrise zu erfassen. Und dass dies eine soziale Komponente hat. Denn wenn die eigene Umgebung der Situation nicht die entsprechende Bedeutung zuweist, dann wird diese Haltung übernommen. Die Reaktion auf die Klimakrise fällt dadurch schwächer aus oder entfällt ganz. Dies gilt besonders für junge Menschen, die sich in ihrer Einschätzung an Erwachsenen orientieren.

Wir müssen als LehrerInnen hier aktiv eine Aufgabe wahrnehmen, die in keinem Gesetzestext steht: Die Vorbildwirkung.

Neben der Vermittlung von Wissen und Bewusstsein zur Klimakrise stellen auch die „Fähigkeiten und die Bereitschaft jedes einzelnen Menschen sich zu engagieren“, eine wichtige pädagogische Komponente dar. So steht es im Grundsatzerlass „Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung“ des Bildungsministeriums. Weiters heißt es dort: „Verschwendung und Ausbeutung, Verlust der Biodiversität und Klimaveränderungen verlangen umfassendes Umdenken und Handeln, um eine nachhaltige Entwicklung für uns und künftige Generationen gewährleisten zu können.“ Schule ist deutlich über die bloße Wissensvermittlung hinaus gefordert. SchülerInnen sollen lernen „ihre demokratische Verantwortung als mündige Bürgerinnen und Bürger zu erkennen […] sowie sich aktiv und konstruktiv an gesell­schaftlichen Gestaltungsprozessen zu beteiligen“ (ebd.).

Die Jugendbewegung Fridays for Future macht es vor: Jugendliche und junge Erwachsene akzeptieren nicht länger, dass ihr Wunsch nach einer Zukunft in einer intakten und lebenswerten Umwelt von den Machthabenden ignoriert wird. Sie nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel und gründen ihre eigenen Netzwerke, um Druck aufzubauen und so die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Was Fridays for Future im großen Stil schaffen, können alle Kinder und Jugendlichen in ihrem lokalen, unmittelbaren Lebensumfeld erfahren.

Die Schule kann der Ort sein, an dem konkrete Anlässe aufgegriffen werden und Handlungsschritte gesetzt werden.

Wir freuen uns immer über Zuwachs unseres Teams und heißen jeden willkommen, der gerne einmal bei einem Teachers for Future Treffen dabei sein möchte.


Mehr zum Thema Nachhaltigkeit im Unterricht finden Sie auch im öbv Magazin: